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Briefings

  • Graffitis – blindwütig, dumm, frivol
    Briefing 3/25
    Pro Jahr erwischt es 2000 Fahrzeuge der SBB, Sprayereien kosten die SBB direkt über CHF 6 Mio. pro Jahr, ein Betrag, den letztlich die SBB-Kunden bezahlen müssen. Hinzu kommen alle indirekten Kosten wie Umtriebe, Transportausfall etc. Die wenigen gefassten Täter, sind oft jung und können den Schaden nicht ersetzen. So bleibt die SBB in der Regel auf den Kosten sitzen und wälzt diese weiter an die Kunden. Wieso lassen wir uns diese 5 beschädigten Fahrzeuge pro Tag geduldig gefallen? Das Strafmass wirkt auf jeden Fall nicht abschreckend: Auf Antrag wird Sachbeschädigung mit Geld- und/oder Freiheitstrafen – bei «grossen Schäden» in der Theorie bis zu 5 Jahren – bestraft. Aufgrund einer sehr gutmütigen Praxis der Gerichte lacht sich ein professioneller Sprayer über dieses Strafmass allerdings einen echten «Schranz in den Bauch».
  • Gesetze und Würste
    Briefing 2/25
    «Gesetze sind wie Würste, man soll lieber nicht dabei sein, wenn sie entstehen.» Dieser Spruch von Otto von Bismarck lässt sich im übertragenen Sinne auch auf das nunmehr 15-jährige Beschaffungsprojekt FV-Dosto übertragen. Einer Gesetzmässigkeit gleich dient das gescheiterte Projekt FV-Dosto als Ausrede für Versäumnisse und Fehlentscheidungen der SBB bei ihrer Beschaffungspolitik und als Lückenbüsser für Fehlplanungen bei der strategischen Ausrichtung der Infrastruktur und deren finanzielle Folgen. So erwähnt Vincent Ducrot die 1000 (!) Änderungen am Anforderungskatalog FV-Dosto in einem Nebensatz , ohne auf den Umstand aufgezwungener, unrealistischer Anforderungen einzugehen, für die SBB allein verantwortlich zeichnet. Auch die schockierenden 14 Mrd. CHF, die nun zu den bewilligten 16 Mrd. CHF für den dringenden Ausbau der Infrastruktur notwendig werden, werden wie eine ungeschriebene Gesetzmässigkeit dem Projekt FV-Dosto zur Last gelegt, zumindest teilweise. Der nicht näher belegte und nach unserer Auffassung zu vorschnelle Verzicht auf die WAKO-Technologie mit schnelleren Fahrten in Kurven löst nun als Ersatz Infrastrukturausbauten und Änderungen am Rollmaterial aus, deren finanzielle Folgen noch nicht abschliessend abgeschätzt werden können.
  • FV-Dosto – Zauberzug und Wachstumseuphorie
    Briefing 1/25
    Die SBB werden mit den Grenzen des Wachstums konfrontiert. Die von ex-Chef Benedikt Weibel angestossene Debatte um milliardenschwere Fehlplanungen ist noch nicht verstummt, schon meldet sich VR-Präsidentin Monika Ribar zu Wort und räumt Fehler ihrer Vorgänger bei der Beschaffung ein (Stichwort: nur noch «bewährtes Rollmaterial») . Ex-BAV-Boss Peter Füglistaller plädiert für einen kleineren SBB-Verwaltungsrat und stigmatisiert damit dessen Hälfte der Inkompetenz , während sich alle über eines einig sind: der FV-Dosto hätte Wunder bewirken müssen und der Schweiz milliardenschwere Einsparungen bei der Infrastruktur bewirken, den Viertelstundenstakt zwischen den Knoten ermöglichen und gleichzeitig je Zug über 1200 Passagiere befördern müssen – und das bei schwebendem, wank- und stossfreiem Bahnkomfort. Das war wohl ein Ziel aus Tausend und einer Nacht, noch nie erreicht, kaum je erreichbar.
  • BöB-Revision – die Rechtslehre dankt
    (Briefing 12/24)
    Vor kurzem durfte ich in ein Webinar von «Bauen Schweiz» zum Thema erste Urteile unter dem neuen Vergaberecht reinhören. Es referierten ein Vergabeanwalt aus Bern und ein Bundesrichter aus St. Gallen. Grundtenor: es geht vorwärts aber zu langsam. Das Gesetz ist komplizierter und damit bürokratischer geworden. Die Beschaffungsstellen hadern mit dem Zuschlagskriterium Preis, das seine Prominenz verloren hat. Stattdessen weiss niemand so genau, was Nachhaltigkeit im Vergaberecht bedeutet, v.a. langfristig betrachtet und im Zeitablauf einer Beschaffung. Vor Überforderung und Angst vor Beschwerden werden neue Modelle, d.h. der viel gelobte Paradigmenwechsel gemieden. Es fehlt an Mut und Überzeugung.
  • DACH Zulassung für die Katz
    (Briefing 11/24)
    Unlängst schenkte SBB VR-Präsidentin Monika Ribar der staunenden Railway-Community reinen Wein ein: die SBB liegt im Fernverkehr weit hinten. Keine Schweizer Stadt kommt auf einen Spitzenplatz. Zürich liegt auf Platz 4, Genf ist noch weiter hinten. Interessante Strecken wie Genf – Lyon oder Zürich – Rom scheitern an fehlenden Trassen, fehlender Rentabiltät oder ungeeignetem Rollmaterial. Deutschland würde die VR-Präsidentin wegen der aktuellen Infrastruktur sowieso im Fernverkehr meiden (NZZ, 12.8.2024). Man fragt sich deshalb als geneigter FV-Dosto Fan: war die DACH-Zulassung des FV-Dosto für die Katz. Was trug sie zum Lieferverzug bei?
  • Zürcher S-Bahn – wer gewinnt?
    Briefing 10/24
    Es geht um den nächsten Milliardenauftrag der SBB. Das Projekt nennt sich «Zürcher S-Bahn» und umfasst 116 Doppelstockzüge als Ersatz für die alten SBB Re 450 sowie einer Option für 84 weitere Züge, insgesamt ein Volumen gegen CHF 2 Mrd. Spannend wird die Frage sein, ob die SBB von ihrer 1-Flottenpolitik abweichen kann bzw. muss. Seit 2008 gewinnt immer der gleiche Anbieter aus der Ostschweiz alle Zuschläge – von den FV-Dosto Fernverkehrszügen einmal abgesehen. Der Zuschlag ist nächstes Jahr zu erwarten.
  • WAKO raus – Wahnsinn?
    Briefing 9/24
    Diese Woche werden wir von der nächsten Hiobsbotschaft in Sachen FV-Dosto überrascht. Der Fahrkomfort soll mit einer Radikalkur verbessert werden. Die Kosten des Prototyps trägt der Hersteller und Nachfolger Alstom, jene der Umrüstung die SBB, und damit der Bund bzw. der Steuerzahler. Es geht um 62 Fahrzeuge und um 920 (!) Drehgestelle, die umgerüstet werden sollen. Über den vermutlich 3-stelligen Millionenbetrag, der in dieses zweifelhafte Unterfangen investiert werden soll, herrscht zurzeit noch Stillschweigen. Wir rollen nachstehend die WAKO- Leidensgeschichte nochmals auf und führen Gründe an, wieso von diesem Abenteuer Abstand genommen werden sollte.
  • FV-Dosto – Gravy Train?
    Briefing 8/24
    Mark Knopfler hat in seiner Session „A Night in London“ anno 1996 – eine seiner allerbesten – mit seinen Kollegen Sonny Landreth, Richard Bennet, Glenn Wharf und Paul Franklin einen unsterblichen Gitarrendialog geschaffen, der jedes Eisenbahnerherz erfreut. Im 5-Klang der involvierten Instrumente entwickelt sich mit «Gravy Train» eine ereignisreiche Fahrt durch Tunnels, Kurven und Schnellstrecken. „Riding on the Gravy Train“ hat im englischen Slang die Bedeutung des schnellen Geldes, einer Betätigung, mit der man, ohne viel Arbeit zu leisten absahnen kann. Im hier relevanten Kontext geht es um die Frage, ob es sich beim FV-Dosto auch um einen «Gravy Train» handelt, bei dem die Verantwortlichen für Nichtstun bezahlt wurden und schnelles Geld gemacht haben. Die Antwort lautet definitiv nein.
  • Willi T. aus Effretikon – Schreck aller Verwaltungsräte
    Briefing 7/24
    An der diesjährigen Generalversammlung der StadlerRail AG durfte ein Aktionär nicht fehlen: Willi T., aus Effretikon. Zum Leidwesen der Verwaltungsräte und zur Erheiterung des Publikums erlebt der volle Saal hautnah, was es heisst, wenn ein Aktionär von seinem rechtlich verbrieften Diskussionsrecht schamlos Gebrauch macht. Schon zu zweiten Mal erlebe ich Willi T. aus Effretikon in Aktion und einen zunehmend perplexeren Verwaltungsrat der StadlerRail AG, der sich den Vortrag von Willi T. schutzlos anhören muss. Fast wäre die Feststimmung gekippt und trotzdem: wer hätte von der Causa „Waldenburgerbahn“ ohne Willi T. erfahren?
  • „Justum Pretium“ – vom Traum gerechter Preise
    Briefing 6/24
    Den frommen Mönchen im Mittelalter verdanken wir nicht nur das bekömmliche Bockbier in der Fastenzeit, sondern auch die Idee des gerechten Preises, des Justum Pretium. Diese auf Thomas von Aquin zurückgehende Lehre versteht unter einem gerechten Preis einen solchen, der ausschliesslich durch die Produktionskosten gerechtfertigt ist (samt standesgemässen Unterhalt) und nicht auf die Nachfrage Rücksicht nimmt. Auch im modernen Beschaffungswesen der Schweiz scheint diese Lehre weithin Zustimmung zu finden, wie jüngste Beschaffungen in der Rollmaterialindustrie nahelegen. Zwar ist nicht mehr die Rede vom gerechten Preis, stattdessen werden vielfältige Instrumente zu seiner Ermittlung angepriesen: «Preisprüfung», «Einblick in die Kalkulation», «Detailkostenausweisung», «Einsichtsrecht bei fehlendem Wettbewerb», «Open Book Policy», neuerdings das Preisprüfungsrecht als «Kann-Bestimmung» nach Art. 24 VöB bei Beschaffungen ab 1 Mio. CHF. Sie sind allesamt untauglich und gehören abgeschafft.
  • Rollmaterial-Werkliefervertrag – mit KI?
    Briefing 5/24
    Vor kurzem erwähnte die NZZ einen Beitrag der Kanzlei Prager Dreifuss über die Obsoleszenz juristischer Schriftstellerei. Es ist die Rede von Chatboots wie Chat GPT, die das Jobprofil von Juristen massiv verändern werden. So wird berichtet, dass bereits 36% aller Juristen mit künstlicher Intelligenz arbeiten bzw. sich entsprechend unterstützen lassen. Es liegt somit auf der Hand, sich mit diesem «Segen» zu befassen und den real existierenden Rollmaterial-Werkliefervertrag mit seinem künstlich generierten «Zombie-Ebenbild» zu vergleichen. Ich verwende dabei ChatGPT mit einer möglichst umfassenden Eingabe.
  • Radbruch am Gotthard – wer haftet?
    Briefing 4/24
    Hochmoderner Tunnel trifft auf Bremsen, die aus der Zeit der Postkutsche stammen? Die Abklärungen der SUST (Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle) sind noch am Laufen, man darf gespannt sein. Nicht nur im Hinblick auf die Haftungsfragen im Zusammenhang mit einem Schaden von über 130 Millionen CHF (inkl. Folgekosten), sondern auch im Hinblick auf die sich aufdrängende Prävention, die angezeigt ist, um künftige ähnliche Unfälle zu vermeiden. Tatsächlich sind die Ansatzpunkte einer Haftung vielfältig: ist es das auftraggebende oder auftragnehmende Transportunternehmen (DB-Cargo bzw. SBB-Cargo), der Eigentümer des Güterwagens, ausgestattet mit einem lärmarmen LL-Bremssystem («low noise, low friction»), das den Radbruch ausgelöst hat (Transwaggon, Schweden), der Wagenhalter und Eigentümer der Lokomotiven und damit die systemrelevante Empfängerin von Signalen (DB-Cargo), die SBB AG, Infrastruktur, als Werkeigentümerin des Gotthardtunnels, das BAV als das für Sicherheitsfragen zuständige Kontrollorgan, der Zugführer, der im Führerstand sass, sein Arbeitgeber (SBB Cargo)? Unabhängig vom Ausgang dieser Debatte hängt das Damoklesschwert unzähliger Güterwaggons aus dem Ausland, die mit Bremsen aus der Zeit der Kutschen ausgerüstet sind drohend über dem Gotthardtunnel. Soll man vereinzelt Güterwagen aus allen Teilen Europas, die mit entsprechenden Bremssystemen ohne «lärmarme» Sohlen gänzlich von der Durchquerung des Gotthards ausschliessen oder sind es nicht vielmehr diese neuen, vorgeschriebenen, lärmarmen Bremssysteme, wie das hier relevante LL-Bremssystem, die problematisch sind?
  • VBZ-Unfallserie – ODAS 2.0 tut Not
    Briefing 3/24
    Braucht unser Tramverkehr im immer dichteren Getümmel der Metropole einen löwenhaften Scharfblick? Die VBZ wurde unlängst von einer schrecklichen Unfallserie heimgesucht. In nur einer Woche ereigneten sich 4 Unfälle, 3 davon mit tödlichem Ausgang. Involviert in einen der tödlichen Unfälle war auch ein neues Flexity 2 Tram der Bombardier Transportation (heute Alstom). Aus bisher ungeklärten Gründen geriet eine Frau zwischen Perron und Tram. Die Stadtpolizei sucht Zeugen. Im Unterschied zum zweiten schrecklichen Unfall der tragischen Woche, der sich am Hauptbahnhof ereignet hat und wo ein Mann offenbar aus eigenem Verschulden eine Abkürzung über die Kupplung eines Tram2000 wählte, um zum gegenüberliegenden Perron zu gelangen, wäre dieser Unfallhergang bei einem Flexity 2 ausgeschlossen gewesen, weil bei diesem Tramtyp besteigbare Kupplungen fehlen. Und trotzdem: wie sicher ist dieses Tram der neuesten Generation? Wieso können tote Winkel nicht vollständig ausgeleuchtet werden? Braucht es ODAS 2.0.?
  • Allianzverträge – Vision mit Stolpersteinen
    Briefing 2/24
    Die SIA Kommission „Allianzverträge“ hat soeben ein Merkblatt 2065 „Planen und Bauen mit Projektallianzen“ angekündigt, das aufhorchen lässt. Es spricht zentrale Dinge an, die in der Realität komplexer Langzeitprojekte postuliert werden, aber oft fehlen: Effektivität in der Wirksamkeit und Effizienz in der Verwendung von Produktionsfaktoren, eine ausgewogene, faire Allokation von vertraglichen Projektrisiken, die Vision einer Interessengleichrichtung dank gemeinsamer Ziele und Projektsteuerung, eine Wertschöpfungspartnerschaft mit einem gemeinsamen Tragen von technischen Innovationsrisiken, ein gemeinsam definierter Leistungskatalog, eine gemeinsamen Steuerung des Projektes, eine Anreiz-basierte Vergütung nach Projekterfolg und eine Abschaffung der Schuldzuweisungskultur. Aus diesem Konzept resultiert ein Mehrparteien-Allianzvertrag, in den neben den klassischen werkvertraglichen Parteien Unternehmer und Besteller, Subunternehmer, Planer, Experten und auch Behörden eingebunden sind. Ein Projekt wie FV-Dosto hätte aufgrund seiner Komplexität , seiner Projektgeschichte und dem massiven Einfluss Dritter auf das Projektgeschehen perfekt in das beschriebene Konzept des Allianzvertrages hineingepasst. Bleibt allerdings die grosse Frage: sind Allianzverträge praktisch umsetzbar? Wer führt am Schluss die Allianz? Welche Folgen haben die zahlreichen Schnitt–stellen auf die Gesamtverantwortung im Projekt? Wie ist der Allianzvertrag rechtlich zu quali–fizieren? Und schliesslich: ist vom Allianzvertrag eine Belebung des vergaberechtlichen Dialogverfahrens zu erwarten?
  • 4. Statusbericht FV-Dosto
    Anregungen gefällig?
    Briefing 1/24
    Am 6. Februar 2019 ist der letzte, dritte SBB-Statusbericht über den Fernverkehrs-Doppelstockzug von Bombardier in seiner Publikumsversion erschienen . Seither ist viel passiert, das Publikum wäre deshalb für einen Update mehr als dankbar. Doch es scheint so, als ob die Akte «FV-Dosto» geschlossen worden wäre, um ja keine schlafenden Hunde mehr zu wecken. Dabei gäbe es doch viel Interessantes und auch Positives zu berichten, z.B. folgendes: Die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit des FV-Dosto (MDBI) hat sich weiter erhöht. Nachdem diese Flotte bereits vor 2 Jahren den DACH-Wettbewerb in Sachen Pünktlichkeit für sich entschieden hat, nun vor kurzem eine weitere Erhebung, die den FV-Dosto als überaus verfügbaren und zuverlässigen Zug qualifiziert. Er verfügt im Gesamtdurchschnitt des SBB-Personen¬verkehrs über deutlich bessere Werte als seine Kon¬kurrenten. Möglichkeiten zur weiteren Steigerung des Fahrkomforts sind noch nicht ausgeschöpft. Obschon wir nicht davon ausgehen, dass ein 4. Statusbericht FV-Dosto demnächst erscheinen wird, nehmen wir uns nachstehend die Freiheit, an bestimmte Aussagen des 3. Statusberichtes anzuknüpfen und einige Themen vorzuschlagen, die in diesem nächsten Bericht behandelt werden sollten. Wir hoffen damit dessen baldige Redaktion zu begünstigen.
  • FV-Dosto, viel besser als sein Ruf
    Briefing 10/23
    Wer heute den FV-Dosto besteigt, den erfüllt ein gewisses Unbehagen. Der Paradezug quer durch die Schweiz hat seine hohen Erwartungen nicht erfüllt. Zu lange und zu intensiv war er einem medialen Trommelfeuer von Vorwürfen ausgesetzt, die heute, Jahre später immer noch nachwirken. Wieso eigentlich? Der FV-Dosto ist ein eleganter Zug, der aus dem bulligen Einerlei der SBB-Flotten geradezu heraussticht. Er bekommt seit Jahren gute Noten in Sachen Verfügbarkeit und Pünktlichkeit und erzielt auch Bestwerte in Sachen Energieeffizienz und Transportkapazitäten. Trotzdem ist seine Lebenserwartung amtlich von 40 auf 25 Jahre gekürzt worden. Man will ihn offenbar möglichst rasch wieder loswerden. Raubvogelqualitäten werden ihm abgesprochen, so erhält er keinen wohlklingenden Namen wie seine Konkurrenten Giruno und Astoro. Zu Unrecht. Mit dem vorliegenden Beitrag soll versucht werden, den FV-Dosto in ein besseres Licht zu stellen, ihn zu rehabilitieren. Dabei soll auf eine über 10-jährige, oft turbulente Beschaffungsgeschichte zurückgeblickt werden, die nicht nur dem Lieferanten, sondern auch dem Kunden SBB und Dritten zur Last gelegt werden kann.
  • FV-Dosto – (k)eine Fehlinvestition
    Briefing 9/23
    In Zeiten des Wahlkampfes lässt sich gehörig auf die Pauke hauen. So der Mitte-Präsident Gerhard Pfister unlängst in der NZZ am Sonntag in einem Rundumschlag gegen den unfähigen Service Public. Auch die SBB bekommen ihr Fett ab unter anderem mit dem FV-Dosto, den Pfister als «gigantische Fehlinvestition» bezeichnet (NZZ a.S., 9.9.23). Das Projekt steht unkommentiert im Raum, als Exempel eines aus dem Ruder laufenden Service Public, der auf Nachhilfestunden des promovierten Philosophen Pfister angewiesen wäre. Ebenso erstaunt nimmt man vom Beitrag des Ökonomen Rainer Eichenberger Kenntnis, der die totale Entsorgung der FV-Dosto Flotte fordert. Begründung unklar (Handelszeitung, 31.3.23). Es ist Zeit für etwas Gegensteuer. Der FV-Dosto gehört heute zu den zuverlässigsten Zügen der SBB. Die Gründe seiner wechselhaften Projektgeschichte sind vielfältig, oft drittbestimmt und in dieser Serie bereits von vielen Seiten beleuchtet worden. Man kann sich fragen, wie fair es ist, auf dem Buckel eines Rollmateriallieferanten Wahlkampf zu betreiben, der unter schwierigsten Projektbedingungen ein Projekt vollendet hat, u.a. auch als Opfer einer gegen die SBB und den öffentlichen Verkehr gerichteten Medienkampagne.
  • Auf „Escrow“ verzichten
    Briefing 8/23
    Mit sogenannten Hinterlegungsverträgen (engl. «Escrow Agreement) wird in komplexen Langzeitverträgen der Bahnindustrie die Zukunft abgesichert. Die Idee dahinter: als Kunde im Konkurs des Lieferanten oder falls essenzielle Leistungen ausbleiben dank einem umfassenden Zugriff auf die hinterlegte geschützte Information das Projekt selbst vollenden zu können. Die Fragen der technischen Machbarkeit und des Nutzens derartiger Auflagen sind in komplexen Langzeitprojekten zahlreich. Es stellen sich Fragen im Zusammenhang mit dem langfristig brauchbaren Aufbewahrungsmedium, Fragen der technischen und inhaltlichen Obsoleszenz von Daten im Langzeitprojekt, Fragen nach den korrekten Herausgabemodalitäten u.v.a.m. Das Beispiel «FV-Dosto» zeigt, dass neben Projektverzögerungen, die auf andere Fehlplanungen zurückgehen wie WAKO, die DACH-Zulassung, den Lift für die Minibar, Beschwerden der Behindertenverbände u.a.m. auch fragwürdige werkvertragliche Auflagen zu unkontrolliertem und v.a. nutzlosen Aufwand geführt haben.
  • Flexity 2 – ein prestigeträchtiger Hingucker
    Briefing 7/23
    Wer weiss schon, dass die VBZ nach den SBB das zweitwichtigste Personentransport-unternehmen der Schweiz sind. Die VBZ-Tramlinien transportieren pro Jahr 164,4 Mio. Fahrgäste und erbringen eine Fahrleistung von 325,2 Millionen Personenkilometern (Zahlen VBZ, 2022). Die prägende Rolle der VBZ im Grossraum Zürich hat zur Folge, dass der Lieferant der blauen Trams mit Prestige rechnen darf. Nachdem das wenig erfreuliche Seilziehen um den Zuschlag im Beschaffungsverfahren „Ersatz Tram 2000“ 2012-2017 Vergangenheit ist wenden wir uns dem Ergebnis dieser unglaublichen Geschichte zu: dem Flexity Zürich, einem eleganten Hingucker in dieser schönen Stadt.
  • Molinari-Bericht – von wem zugespielt?
    Briefing 6/23
    Wer erinnert sich noch an die Schlacht um den «Ersatz Tram 2000»-Zuschlag der VBZ? Auf der einen Seite die Beschaffungsstelle VBZ, zweitgrösster Rollmaterialnutzer der Schweiz, auf der anderen Seite der Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) mit diametral anderen Beschaffungswünschen als die VBZ, dann drei Anbieter im harten Rennen um den Zuschlag, Bombardier, Siemens und StadlerRail und schliesslich das Verwaltungsgericht Zürich als Schiedsrichter. Eine Prestigebeschaffung für alle Anbieter, v.a. für den erfolgsverwöhnten Konkurrenten aus der Ostschweiz. Medien, allen voran eine instrumentalisierte SRF1 mit einem Rundschau Beitrag als Stimmungsmacher, entsetzte Experten, die ihr weises Haupt schütteln und zu guter Letzt Rücktritts–Forderungen von Stadler Rail gegen den Kopf der VBZ, Guido Schoch. Das Drehbuch erinnert an rauchende Colts und tobende Kampfszenen im Wilden Westen. Doch wer hat der Rundschau den ominösen Molinari-Bericht zugespielt?
  • Stadler – ein eindrücklicher Auftritt
    Briefing 5/23
    Der Teilnehmer der diesjährigen Generalversammlung der Stadler Rail AG in den Olma Hallen von St. Gallen wurde Zeuge einer eindrücklichen ersten Präsenzveranstaltung. Hunderte von Zuschlägen aus aller Welt, verteilt auf zwei riesigen Screens, einer gewinnträchtigen Lottokarte gleich, begrüssen die zahlreichen Aktionäre und Teilnehmer dieser GV. Man gewinnt den Eindruck, dass ein wichtiges Ziel der Gastgeber, die Stadler Rail Aktie als Volksaktie aufzuziehen erreicht worden ist. Man wähnt sich an einem Volksfest, das mit modernster Technik inszeniert wird. Am Eingang erhält der Aktionär ein Handy-artiges Instrument, mit dem die Traktanden zügig abgehandelt werden können. Das erste Mal erlebe ich diese modernste Abstimmungstechnik, welch ein Segen im Vergleich zur zeitraubenden Urnenabstimmung.
  • FV-Dosto – teure Obsoleszenzen
    Briefing 4/23
    Es kommt gelegentlich vor, dass Beschaffungsobjekte Anforderungen erfüllen müssen, die sich im Nachhinein als obsolet erweisen. Produkteigenschaften erweisen sich als unrealistisch bzw. unerfüllbar, Planungsziele werden im Verlauf des Projektes revidiert, vorgesehene Einsatzbereiche entfallen aufgrund einer neuen Beurteilung. So weit so gut, Irrtümer und Fehlplanungen sind auch im öffentlichen Beschaffungswesen unvermeidbar. Das Beispiel FV-Dosto zeigt allerdings drastisch auf, dass es damit sein Bewenden nicht hat. Die DACH-Zulassung war mit enormem Zusatzaufwand verbunden und hat den Abnahmeprozess verzögert und verteuert. Wenn die Züge nun nicht ins Ausland fahren, stellt sich die Frage nach unnötigem Ressourcenverbrauch (Zeit und Kosten) zu Lasten der Lieferantin. Gravierender ist die Frage nach den Folgen der nunmehr offenkundigen Obsoleszenz von WAKO. Statt bogenschnell mit 200 km/h die Zentren zu verbinden, wichtige Vollknoten in Bern, Lausanne, Basel und St. Gallen zu schaffen bedeutet der Verzicht nun, dass mit gewaltigen Investitionen in die Infrastruktur, mit einem Rückbau von WAKO, bzw. anderen Nachbesserungen am Drehgestell die Ziele der Bahnreform 2030 anzusteuern sind. Wer soll das bezahlen?
  • SRF 1 – Rückblick auf 5 Jahre FV-Dosto
    Briefing 3/23
    Arthur Honegger in Hochform. Es ist mal wieder an der Zeit, so richtig auf die Pauke zu hauen. Zwar beklagen die SBB für das Geschäftsjahr 2022 einen Verlust von über 245 MCHF. Dessen Ursachen (Lohnanpassungen, Verluste im Bereich Energiegewinnung und SBB-Cargo) interessieren nicht, stattdessen ist es Zeit, dass der FV-Dosto mal wieder sein Fett abbekommt. Der als Rückblick auf 5 Jahre FV-Dosto gedachte Beitrag vom 13.03.2023 erweist sich allerdings als Sammelsurium von Negativmeldungen, die nur eines bezwecken, den Zug schlecht zu machen, die wahren Ursachen bestimmter Probleme zu verschleiern und damit von den wahren Problemen der SBB abzulenken. Bombardier existiert nicht mehr – leider – die Firma eignet sich somit vorzüglich als Prügelknabe, der die anderen Player entlastet bzw. relativ besser stellt im Hinblick auf neue Subventionen (SBB-Cargo), bevorstehende Preiserhöhungen (SBB-Personenverkehr) und künftige Zuschlagsempfänger (falls es überhaupt mehrere sein werden). Es lohnt sich diese Negativmeldungen genauer unter die Lupe zu nehmen.
  • Standleitung SBB-Ringier?
    Briefing 2/23
    Beim Anblick dieses Selfies kann es einem kalt den Rücken heruntergehen. Man muss annehmen, dass von höchster Stelle und im Einklang mit der Regierung versucht wurde, Einfluss auf die Ringier Redaktion zu nehmen, um Freunde in ein helles Licht zu rücken. Im Clinch der SBB mit Bombardier hatte die SBB genau so viel zu verlieren wie Bombardier, wohlwollende Berichterstattung bedeutete damit, die Lieferantin anzuschwärzen, um ja die SBB vor Kritik zu bewahren. Die Intensität der negativen Berichterstattung verunmöglichte jede andere Sicht. Die konzeptionellen Mängel der Ausschreibung waren nie ein Thema, über die innovativen Seiten der Beschaffung wurde schon gar nicht berichtet. Auch jetzt, wo die Fahrzeuge tadellos fahren, punkto Pünktlichkeit die Rangliste anführen und in manchen technischen Belangen überzeugen (z.B. Energieeffizienz, Bremsen etc.) fehlen korrigierende Berichte. Nur ein Funken Fairness würde dies gebieten.
  • BöB Nachhaltigkeit – Worthülse?
    Briefing 1/23
    Der Begriff der Nachhaltigkeit ist im Vergabewesen nicht neu. Schon im alten Recht waren die Beschaffungsstellen dazu aufgerufen, eine gesamtheitliche Evaluation des „wirtschaftlich günstigsten“ Angebotes vorzunehmen. Dazu zählte immer auch die Nachhaltigkeit, verstanden als ökologisches und soziales Qualitätskriterium. Neuerdings figuriert die Nachhaltigkeit im Zweckartikel des Gesetzes, erweitert um die «volkswirtschaftliche» Nachhaltigkeit, womit diesem Anliegen ein höheres Gewicht beigemessen wird. Weil der Begriff der Nachhaltigkeit nur schwer definierbar, ge¬schweige denn mit vernünftigem Aufwand kontrollierbar ist wird das Ermessen der Be¬schaffungs-stellen in dieser Hinsicht zwangsläufig steigen und damit auch die Beschwerde¬anfälligkeit eines Zuschlages. Im Bahnwesen stellt sich insbesondere die Frage, ob offenkundige Kriterien der Nachhaltigkeit nun einer zwingenden Vorgabe und Kontrolle unterstehen müssen.
  • „Ich habe es da oben ….“
    Briefing 16/22
    Faktencheck SRF 1 – Blick zurück Es lohnt sich die Beiträge diverser Formate von SRF1 zu studieren, die seit dem 22. Januar 2014 zum Thema FV-Dosto/Bombardier ausgestrahlt worden sind. Alle über 25 Beiträge kann man als Podcast bis auf weiteres noch streamen. Noch nie stand eine Bahn¬beschaffung derart im Fokus, noch nie wurde eine Kampagne gegen ein Unternehmen und indirekt gegen die SBB derart emotional geführt. An Kraftausdrücken wurde nicht gespart: Debakel, Katastrophe, Desaster, Schlamassel, Krise, Schüttelzug, Pannenzug, Behindertenbehinderung, kein Prädikat war diffamierend genug, um dieses Projekt anzuschwärzen. Heute verkehren die Doppelstockzüge von Bombardier zur vollen Zufriedenheit der Passagiere auf allen Strecken. Alle, die in den Chor der Kritiker eingestimmt haben, sind ruhig geworden. Eine echte Ursachenforschung aller Gründe, die zur Verspätung der Auslieferung geführt haben, interessiert niemanden mehr. Niemand wird für Falschaussagen, üble Nachrede, Geheimnisbruch, tendenziöse Berichterstattung zur Rechenschaft gezogen. Immerhin: Ulrich Giezendanner/SVP, Mitglied der Verkehrskommission verdanken wir eine wichtige Erkenntnis (Zitat Rundschau 30.1.2018): „SBB ist nicht imstande Züge einzukaufen“.
  • Bagatell- und Langzeitbeschaffungen – einerlei?
    Briefing 15/22
    Die Novellen zum Vergaberecht auf Stufe Bund und Kantone wecken Erwartungen, denen sie kaum gerecht werden können. Statt Bagatellbeschaffungen liberaler zu behandeln und bei grossen Langzeitbeschaffungen der Spezifikation und Nachvollziehbarkeit des Zuschlages mehr Beachtung zu schenken, differenziert das neue Recht in keiner Weise zwischen Kauf, einfachen Werkverträgen und komplexen Langzeitverträgen. Mit dem Ergebnis des Zuschlages, dem unterschriebenen Vertrag setzt sich keine einzige Bestimmung der Novellen auseinander.
  • Insieme – ein Beschaffungskrimi
    Briefing 14/22
    Gleich einem Vulkanausbruch sorgte anno 2010 das Projekt „Insieme“ für Schlagzeilen. Als „Debakel im Bundeshaus“ schlug der Abbruch dieses hochkomplexen IT-Projektes der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) mit einem Schaden von CHF 116 Mio. zu Lasten des Steuerzahlers zu Buche.  Hauptproblem damals: erst der dritte Projektleiter des Bundes war im Verlauf der 12-jährigen Insieme Geschichte seiner Aufgabe gewachsen. Sind die Lehren von damals auf fruchtbaren Boden künftiger Grossprojekte gefallen?
  • Der bessere Vertrag – eine Illusion?
    Briefing 13/22
    Die Art und Weise, wie Beschaffungsverträge ausgestaltet werden entzieht sich dem Vergaberecht. Nur am Rande erwähnt das revidierte Recht dieses prozessleitende Dokument, das unter Juristen akribisch geprüft wird, unter Projektleitern jedoch – da durchwegs interpretationsbedürftig – wenig Interesse auslöst. Im BöB wird der Vertrag im Grunde nur an einer Stelle erwähnt: dort, wo das Gesetz grundsätzlich Verhandlungen verbietet (Art. 39 BöB), woraus folgt, dass Verträge von der Beschaffungsstelle einseitig vorzugeben und durchzusetzen sind. Auch in komplexen Langzeitprojekten?
  • Stopp Bashing SBB
    Briefing 12/22
    Es war ein Song, aus heiterhellem Himmel, der unter die Haut ging, gezeichnet Claudia Furrer. Nach Jahren hartnäckiger Kritik am FV-Dosto und dem Katalysator eines tragischen Personenunfalls entlädt sich die Frustration der SBB-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter in einem sehr emotional vorgetragenen Song. Er offenbart ein Luxusproblem: eines der allerbesten Bahnsysteme der Welt ist nicht gut genug für den verwöhnten Bahnkunden. Dieser verkennt die Leistungen eines stillen und effizienten Bahnpersonals.
  • WAKO – eine technische Illusion?
    Briefing 11/22
    Die Wankkompensation (WAKO) findet nicht statt – leider. Die SBB hat entschieden, auf diese neue Technologie zu verzichten. Ihr Einsatz war erst ab 2027 vorgesehen, trotzdem erfolgt dieser ernüchternde Entscheid jetzt schon, 5 Jahre vorher. Der Zweck von WAKO bestand darin, kürzere Reisezeiten ohne teure Infrastrukturinvestitionen zu realisieren. Daraus wird nun nichts. War alles nur eine technische Illusion?
  • Neues Vergaberecht – ein Grund zum Feiern?
    Briefing 10/22
    Neues Vergaberecht – ein Grund zum Feiern? Das neue Vergaberecht wird allseits als Erfolg gefeiert. Im Vordergrund steht dabei die Harmonisierung der Beschaffungsregeln in Bund und Kantonen, zweifellos eine Herkulesaufgabe, wenn man bedenkt, dass am Ende 25 kantonale Parlamente die gemeinsam verabschiedete IVöB 2019 voraussichtlich ohne grössere Abweichungen gutheissen werden. Stand heute ist dieses Konkordat in 3 Kantonen in Kraft, in 16 Kantonen läuft das Beitrittsverfahren, 6 Kantone lassen sich offenbar noch Zeit. Dies allein ist allerdings noch kein Grund zum Feiern. Die vom Thema der nachhaltigen Beschaffung geprägte Revision ist stark von schwammigen und schwer messbaren Zuschlagskriterien geprägt, die das Ermessen der Zuschlagsbehörden vergrössern. Der „wirksame und faire Wettbewerb“ (unter Lieferanten) soll gefördert werden, ohne dem Problem der Nachfragemacht der Beschaffungsstellen auch nur mit einem Satz Beachtung zu schenken. Verhandlungen sind grundsätzlich ausgeschlossen – auch wenn komplexe Beschaffungen anstehen. Mit einem Wort: Die Auftraggeberin wendet ihre allgemeinen oder speziellen Geschäftsbedingungen an – basta.
  • unkalkulierbare Risiken – harte Vertragsstrafen
    Briefing 9/22
    Bei einer strategischen Flottenbeschaffung steht viel auf dem Spiel. Die Fahrzeuge müssen am vereinbarten Liefer- und Abnahmetermin in der geforderten Qualität abgeliefert werden, die Fahrzeuge müssen im Betrieb minimale Verfügbarkeitskriterien erfüllen, sie dürfen das zugesicherte Gewicht und den garantierten Energieverbrauch nicht überschreiten und schliesslich müssen sie Instandhaltungs- und Reinigungskriterien erfüllen. Dieses Bündel von Anforderungen beinhaltet Risiken, die die Lieferantin tragen muss, weil sie für den Bahnkunden und seine Passagiere „mission critical“ sind, d.h. ein enormes Schädigungspotenzial beinhalten. Vertragsstrafen sind somit probate Instrumente des Risikoallokation. Zahlreiche Anforderungen beinhalten allerdings unkalkulierbare Risiken, entsprechend kann die Lieferantin über angemessene Rückstellungen nur spekulieren. Mit einem zu hohen Angebotspreis infolge zu konservativer Rückstellungen würde sie sich zudem selbst aus dem Rennen nehmen. Also lautet die Konsequenz: Risiken eingehen, Vertragsstrafen akzeptieren und im Störungsfall verhandeln. Die Frage ist berechtigt, ob diese Konsequenz vergabe- und wettbewerbsrechtlich zulässig bzw. erwünscht ist.
  • Verzug – selbst- oder drittverschuldet
    Briefing 8/22
    Die Analyse der Ursachen eines Verzuges ist im Langzeitprojekt notwendigerweise schwierig. Der Unternehmer muss für jedes Fehlverhalten seiner Subunternehmer und Lieferanten einstehen. Insofern herrschen klare Verhältnisse. Problematisch wird die Analyse erst, wenn Dritte oder der Bahnkunde selbst den Verzug zu vertreten haben, ganz oder teilweise. Dann entstehen schwierige Abgrenzungsfragen: Hat der Lieferant das Problem rechtzeitig entdeckt und abgemahnt, wie gross ist der Zeitaufschub, den er bei Drittverschulden anrechnen darf? Was, wenn sich die Parteien nicht einigen können?
  • Komplexer Langzeitvertrag – aber wie?
    Briefing 7/22
    Der Werkliefervertrag einer Rollmaterial-Flottenbeschaffung ist normalerweise ein massives Werk. Im Fall FV_Dosto handelt es sich um ein 60 Seiten starkes Vertragswerk (Grundvertrag) mit 31 Anhängen und zusätzlichem Umfang von über 300 Seiten. Der wichtige Anhang „bereinigter Anforderungskatalog“ – das eigentliche Herz der geschuldeten Leistung – umfasst über 1000 ausformulierte technische Anforderungskriterien¬, die wiederum eine Vielzahl von technischen Normen referenzieren, die so indirekt Vertragsbestandteil werden. Die Offerte der Lieferantin mit all ihren Anhängen ist qua Hierarchieregelung Vertragsbestandteil, allerdings nur subsidiär. Im Fall von Widersprüchen geht der Vertrag anderen Vertragsbestandteilen vor.
  • Normen im Langzeitvertrag
    Briefing 6/22
    Es ist unbestritten, dass alles unternommen werden muss, um das Los der Mitmenschen mit eingeschränkter Mobilität zu lindern. Dafür gibt es Vorschriften, Gesetze und Normen, die eigentlich selbstverständlich sind. Ein vertraglich im Detail ausgehandeltes Projekt kann aber durch unkalkulierbare oder interpretationsbedürftige Normen im Langzeitvertrag massiv behindert werden. Die Auseinandersetzungen um das behindertengerechte Fahrzeug im Fall FV_Dosto lassen am Ende einen schalen Nachgeschmack zurück. Jemand hat hier offenbar auf Kosten Benachteiligter seinen Job nicht erfüllt. Die Lieferantin ist dabei am besten positioniert, um den schwarzen Peter in Empfang zu nehmen.
  • Societas Leonina
    Briefing 5/22
    Ein Löwe, ein Fuchs und ein Esel gingen miteinander auf die Jagd. Sie waren übereingekommen, dass die Beute redlich geteilt werden sollte. Die Beute war groß, und der Löwe sagte dem Esel, er solle alles gewissenhaft aufteilen. Der Esel machte es so und bat den Löwen dann, zu wählen. Da zerriss der Löwe mit lautem Gebrüll den Esel und befahl dem Fuchs, neu zu teilen. Dieser häufte die ganze Beute zusammen, legte den Esel noch dazu und erbat sich nur eine kleine Wenigkeit für seine Mühe. „Schön, mein Freund“, raunte der Löwe. „Aber sage mir doch, wer hat dich so schön teilen gelehrt?“ „Das Schicksal des Esels“, antwortete der Fuchs (nach Aesop).
  • AGB Erzwingung
    Briefing 4/22
    Die Durchsetzung eigener Vorteile gehört zum Wesen des Wettbewerbes und ist nicht zu beanstanden. Seit Adam Smith und seiner „unsichtbaren Hand“ des Wettbewerbes herrscht grundsätzlich Einsicht darüber, dass die Verfolgung eigener – egoistischer – wirtschaftlicher Interessen im Endeffekt zu besseren Marktergebnissen führt, als wenn der Staat regulierend – „mit sichtbarer Hand“ – in den Wettbewerb eingreift. Diese zuweil veraltete Sicht mag in zahlreichen Sektoren von den Fakten überholt worden sein, man denke an die überwiegenden Sektoren, in denen der regulierende Staat mit Normen die Wettbewerbsverhältnisse aus wirtschaftspolizeilichen Gründen steuern muss, so auch im Bahnsektor und seinem immer dichteren Geflecht von Normen. Können erzwungene Geschäftsbedingungen der Bahn-Beschaffungsstellen angesichts dieser Normenflut als *quantité négligable“ folglich vernachlässigt werden?
  • Wettbewerb im Austauschprozess?
    Briefing 3/22
    Der Wettbewerb ist ein allgemein anerkanntes Schutzobjekt unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung, das in zahlreichen gesetzlichen Erlassen verankert ist. So sehr Konsens darüber herrscht, dass Wettbewerb per se aus Gründen der freiheitlichen Ordnung, aber auch aufgrund seiner innovativen Kreativität Schutz verdient, so schwer lässt sich eine gangbare Methode finden, die wirksamen, effektiven und fairen Wettbewerb definiert und kontrolliert. Die Bahnindustrie mit ihrem stark oligopolistischen, wenn nicht monopolistischem Anbietersektor und einem vom Vergaberecht geprägten Nachfragesektor mit zwangsweise wiederkehrenden Kundenbeziehungen bietet sich in diesem Zusammenhang als einmaliges Experimentierfeld an.
  • FV_Dosto – “Bombi Bashing”
    Briefing 2/22
    News-Portale von Online-Medien weisen in ihrem Dossier „FV Dosto“ seit Jahren über zahllose wenig schmeichelhafte, wenn nicht vernichtende Berichte über Bombardier auf (srf.ch). Sie reichen vom Problem der Störungen bei der Erprobung der Fahrzeuge bis zu den unrealistischen Forderungen von Stakeholdern an den Wagenkastenbau und das Layout. Am Schüttelzug, am Pannenzug klebt viel Pech auch Jahre nach seiner ver­späteten Inbetriebsetzung. Positive Entwicklungen, z.B. über die aktuelle Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit des Zuges werden kaum erwähnt, differenzierte Berichte über die wahren Ursachen der Verspätung fehlen gänzlich. Im Gegensatz dazu wird der Erzrivale und Konkurrent von Bombardier, die Stadler Rail AG und sein Exponent Peter Spuhler in zahllosen Dossierbeiträgen (blick.ch) glorifiziert. Dieses polarisierende „gut-schlecht Modell“ war steter Be­gleiter der Ausschreibung und wird wohl in Zukunft fehlen.
  • FV_Dosto – Beschaffungsprozess
    Briefing 1/22
    „Die im Sommer 2009 publizierte Ausschreibung für die Lieferung einer neuen Generation Fernverkehrs-Doppelstockzüge gleicht eher dem Wunschkatalog eines Kindes an das Christkind. Fast alles, was man sich in einem Zug vorstellen kann und als Stand der Technik gilt, ist als Option oder Variante gefragt. Mehr als tausend Preise musste ein Anbieter rechnen. Das Vorgehen offenbarte, dass die SBB mindestens zu diesem Zeitpunkt noch keine klaren Vorstellungen hatten, was sie eigentlich kaufen wollen oder sollen.“ (Schweizerische Eisenbahnrevue, 5/2010, S. 227)